Maker Porträt: Ein E-Scooter aus Holz als Statement für nachhaltige E-Mobilität

Katrin Batko bringt frischen Wind in die E-Scooter-Welt. Mit TMBR Scooter, einem E-Scooter aus Holz, setzt sie auf nachhaltige Materialien und ein Design, das auch den Bedürfnissen von Frauen gerecht wird. Ihr Ziel: Mikromobilität zugänglicher und inklusiver zu gestalten.

Im Interview teilt Katrin ihre Reise vom ersten Prototyp bis zur Patentrecherche und gibt spannende Einblicke in ihren Entwicklungsprozess, ihre Arbeit im Happylab und Herausforderungen, die sie bei der Entwicklung eines alltagstauglichen E-Scooters gemeistert hat.

Was macht dich zur Makerin? Und wer oder was hat dich inspiriert, damit anzufangen?

Ich mache gerne Dinge selbst und finde eigene Lösungen. Es ist einfach cool, Sachen zu Hause zu haben, die man selbst gemacht hat. Vieles kann man ja mit den Möglichkeiten, die man z.B. hier im Happylab hat, selber machen und damit auch noch Geld sparen. Ich wohne in einer Genossenschaftswohnung in Wien - dort gibt es zwar auch einen Werkstattraum, aber ich komme lieber ins Happylab, weil hier die Möglichkeiten noch größer sind und ich durch den Ortswechsel den Kopf freier bekomme. 

Die Motivation am Selbermachen liegt sicher zum Teil auch an meinem Migrationshintergrund. Meine Eltern sind aus Polen und bei uns zu Hause wurde immer schon vieles selbst gemacht. Das fand ich cool - je älter ich wurde (lacht). Als Kind war das nicht immer so cool.

Erzähl uns doch bitte ein wenig über deinen Hintergrund. 

Direkt nach der Matura habe ich damals Kultur- und Sozialanthropologie studiert. Das war nicht so geplant. Eigentlich habe ich mich bei der Studienberatung im Fach Publizistik angestellt. Dort war allerdings die Schlange so lang, dass ich mich einfach daneben bei der Kultur- und Sozialanthropologie beraten habe lassen (lacht). Das Studium hat mir damals die Augen geöffnet, wie global unsere Welt ist und wie stark alles miteinander verbunden ist. 

Christophe von Everleaf

Wie bist du dann auf das Happylab gestoßen und wie hat deine Reise als Makerin begonnen?

Ich habe damals bei der Wirtschaftsagentur im Bereich Wissenschaftskommunikation gearbeitet und bin so auf das Happylab gestoßen. Das ist schon richtig lange her, damals wart ihr noch in eurer alten Location. Ich kann mich aber noch gut an einen Abend erinnern, an dem verschiedene Projekte von Mitgliedern gezeigt wurden. Da habe ich alle möglichen Sachen gesehen, darunter ein Fahrrad aus Holz. Und ich fand das so cool, dass man so etwas wie ein Fahrrad im Happylab selbst bauen kann. 

Damals kam mir die “kleine” CNC-Fräse so kompliziert vor, an die habe ich mich nicht getraut. Der Laser Cutter war da für mich viel einfacher als Einstieg. Als ihr dann hierher in eure neue Location gezogen seid, habe ich eine Einschulung an der “großen” CNC-Fräse in der Holzwerkstatt gemacht. Die fand ich viel zugänglicher, weil die Bedienung mehr mit meiner Denkweise übereinstimmt. Die Maschine hat mir dann viele neue Wege eröffnet. 

Zur gleichen Zeit habe ich meinen Job gewechselt, ins AIT. Dort habe ich im Bereich Marketing und User Experience für das Center for Energy gearbeitet. Der Job war von den Projekten her sehr spannend, aber ich habe mich dort mit meinen Aufgaben nicht wirklich glücklich gefühlt. Dann kam Corona und ich habe eine alte Idee für einen E-Scooter wieder hervorgekramt!

Das war dann der Beginn von deinem Projekt TMBR Scooter, richtig?

Ich fand die Idee, an einem E-Scooter zu arbeiten, schon länger spannend. Ein paar Jahre davor habe ich schon einen ersten Prototypen für einen E-Scooter machen lassen. Weil ich beim Material immer an Stahl gedacht habe und ich selbst nicht schweißen konnte. Beim Spazierengehen habe ich mir dann eines Tages gedacht, ich könnte diese alte Idee wieder angehen und mit Materialien arbeiten, die ich hier im Happylab selbst bearbeiten kann. So bin ich in dieses Projekt TMBR Scooter - einen E-Scooter aus Holz selbst zu fertigen - hineingestolpert. 

In einem ersten Beratungsgespräch im Happylab mit Lukas haben wir geklärt, was theoretisch möglich ist und was eher nicht so einfach geht. Lukas hat mir auch eine Einführung ins Arbeiten mit Fusion (Anmerkung: Fusion 360, CAD-Software) gegeben. Ich fand sehr cool, wie intuitiv die Software zu bedienen ist. Davor konnte ich ja noch nicht 3D modellieren. Im nächsten Schritt habe ich dann einen Kurs im 3D-Modellieren gemacht und Schritt für Schritt weiter an meinen ersten Prototypen gearbeitet. Später war ich dann mit dem Projekt auch beim Founders Lab von der Wirtschaftsagentur dabei. Und jetzt gerade schaue ich mir an, ob ein Patent möglich wäre. 

Kannst du uns mehr über die Vision hinter TMBR Scooter erzählen?

Als ich mit dem Projekt begonnen habe, habe ich mich immer mehr mit dem Thema Mobilität und Herausforderungen in diesem Bereich beschäftigt. Was mir dabei aufgefallen ist: Mobilität ist nicht für alle gleich zugänglich. Wirklich mobil sind vor allem Männer und das auf der ganzen Welt. Sie können ziemlich sicher und um jede Uhrzeit von A nach B kommen. Bei Frauen sieht das anders aus. Ihre Wege sind oft länger und verzweigter, z.B. aufgrund von Verantwortlichkeiten in der Familie. Auch die Sicherheit ist eine andere. 

E-Mobilität, auch Mikromobilität in Form von E-Scootern, wird hauptsächlich von Männern genutzt. Aus Deutschland gibt es dazu Daten, die zeigen, dass 75 - 80% aller E-Scooter Nutzer*innen Männer sind. Ich glaube, das liegt daran, dass E-Scooter oft von Männern gebaut werden. Die Reifen sind klein, die Trittbretter sind eng. Frauen sind einfach von der Statur anders, deshalb fühlen sie sich oft auf solchen Scootern nicht sicher. 

Mit TMBR Scooter will ich einen E-Scooter herstellen, den auch Frauen gerne verwenden. Deswegen verwende ich größere, 12 Zoll Reifen, die besser federn. Auch das Trittbrett ist breiter. Der Lenker ist höhenverstellbar, die Batterie ist herausnehmbar und einfach zu lagern. Ich arbeite noch daran, ihn so leicht wie möglich zu machen, das ist die größte Hürde. Mein Anliegen ist es außerdem, den E-Scooter so nachhaltig wie möglich und in Europa zu produzieren. Ich habe mir angeschaut, wo ich die Wege in der Produktion verkürzen kann und den Scooter deshalb so modular gestaltet, dass ich alle Teile im Happylab produzieren kann. Mit den elektronischen Teilen ist es ein bisschen schwieriger, aber der Rahmen kann komplett in einem Makerspace produziert werden.

Welche Technologien im Happylab nutzt du? 

Die wichtigsten Maschinen für mich sind die Holz CNC-Fräse und der Metall Laser Cutter. An der CNC-Fräse habe ich verschiedene Holzarten getestet - zuerst Bambus. Mir war damals aber nicht bewusst, wie schwer Bambusplatten eigentlich sind. Ich bin deshalb wieder auf ein anderes Holz umgestiegen. Deswegen ist mein neuer Prototyp jetzt auch wieder leichter geworden. Das war ein großes Learning.

Zu Beginn habe ich gedacht, ich werde bei meinem ersten Prototypen sicher schon an alles denken und werde nichts wiederholen müssen. Aber natürlich kommt man beim Zusammenbauen immer wieder auf Dinge, die nicht funktionieren. Natürlich habe ich dann jedes Teil nochmal neu modelliert und nochmal produziert. Aber genau das mag ich auch an diesem Prozess. Man lernt viel dazu und die Geräte auch immer besser kennen. Und man verliert die Scheu davor, neue Sachen auszuprobieren und sich auf neue Geräte einzulassen. 

Wie war es für dich als Quereinsteigerin, zum ersten Mal mit den Maschinen im Happylab zu arbeiten? Gab es da Hürden für dich?

Ich habe zwar einen kultur- und geisteswissenschaftlichen Background, aber neue Technologien haben mich eigentlich schon immer interessiert. Wenn ich in der Schule besser in Mathe gewesen wäre, wäre ich vielleicht auf die TU gegangen (lacht). Vor der CNC-Fräse hatte ich den meisten Respekt, wahrscheinlich weil sie so laut ist. Ich würde auf jeden Fall raten, am Anfang zu den Zeiten zu kommen, an denen jemand vom Happylab Team da ist. Wenn mal etwas nicht funktioniert und man nicht weiterkommt, kann man dann gleich nachfragen, kommt viel schneller zum Ergebnis und lernt auch was dabei. 

Die Kurse im Happylab sind auch gut gemacht. Ich bewundere Lukas sehr für seine Geduld. Wenn ich hier arbeite, höre ich oft, wie er Sachen erklärt und finde es wirklich bewundernswert, wie gut er das macht. Und das Happylab hat sich auch sehr weiterentwickelt von der letzten Location, die noch sehr grau und nerdig war zu diesem bunten und offenen Raum, in den man auch von außen hineinschauen kann.

Du hast an der Distributed Design Residency 2022/2023 im Happylab teilgenommen. Wie war diese Erfahrung für dich?

Ich fand die Erfahrung damals ziemlich cool. Die Möglichkeit, alle Geräte im Makerspace nutzen zu können und einen Arbeitsplatz zu bekommen, war mega klasse. Gerade für den ersten Prototypen kann einem eigentlich nichts Besseres passieren. Bei mir ist die Residency in die Zeit gefallen, in der ich einen neuen Job begonnen habe. Die ersten zwei Monate konnte ich daher nicht so nutzen, wie ich es gerne wollte. Aber für mich war es auf jeden Fall eine Bereicherung. In der Zeit habe ich fast zwei komplette Prototypen fertiggestellt. 

Was sind derzeit die größten Herausforderungen bei deinem Projekt? Woran arbeitest du gerade? 

Hardware ist wirklich hard! Weil man Produkte nicht so schnell launchen kann und jeder Entwicklungsschritt teuer ist. Ich arbeite Teilzeit bei VELLO Bike, einem Faltrad Hersteller, damit ich TMBR Scooter daneben weiterbringen kann. 

Momentan arbeite ich an dem Projekt TMBR Scooter noch alleine. Als nächstes will ich aber versuchen, ein Förderprojekt zu starten und andere Menschen hineinzuholen, mit denen ich mir die Aufgaben aufteilen kann. In der Förderlandschaft dreht sich aber gerade alles um Softwareprojekte und Artificial Intelligence. Hardware-Projekte haben es da nicht so leicht. Das finde ich schade, weil wir natürlich alles digital und artifical machen können, aber im Endeffekt leben wir in einer Welt, in der wir Sachen angreifen. Das Feld der Hardware-Produkte überlassen wir aber meistens großen Firmen, die das Budget dafür haben. Dabei haben viele Menschen tolle Ideen, wie man Produkte verändern könnte, aber halt leider nicht das Geld dazu, es umzusetzen.

Du hast vorhin erwähnt, dass du gerade an einem Patent dran bist. Kannst du dazu schon mehr verraten? 

Wenn ich Menschen von meinem Projekt erzähle, werde ich oft gefragt, ob ich ein Patent drauf habe. Ich habe mich dann mal beim Patentamt über verschiedene Möglichkeiten informiert und bin auf das Programm “Buddys for Her” gestoßen. Da werden speziell Frauen unterstützt, weil ein sehr hoher Prozentsatz an Patenten nur von Männern angemeldet wird. 

Bei “Buddys for Her” habe ich mich wirklich sehr gut beraten gefühlt und hatte schon mehrere Beratungsgespräche. Jetzt bin ich gerade dabei einen Antrag auszufüllen, mit dem ich die Möglichkeit auf eine kostenlose Patentrecherche bekomme. Und wenn diese Recherche positiv ausfällt, kann ich versuchen, eine Förderung für ein Patent einzureichen. Ein Patent ist ja recht teuer, ohne Förderung kostet sowas um die 10.000 Euro. Aber je nach Förderschiene kann man sich einen Großteil der Kosten fördern lassen. Patentieren lassen kann ich wahrscheinlich nicht den ganzen Scooter, aber vielleicht gewisse Teile davon.

Was würdest du Menschen raten, die eine Idee haben und gerne ein Produkt entwickeln möchten, aber nicht so recht wissen, wo sie anfangen sollen?

Man muss viel Geduld haben, gut auf sich selbst hören und genug Pausen machen. Es bringt alles nichts, wenn man am Ende keine Kraft mehr hat. Eine Zeit lang war ich teilweise abends bis 10 Uhr oder noch länger im Happylab, bin dann nur zum Schlafen nach Hause gegangen und am nächsten Tag gleich wieder früh in die Arbeit gefahren. Das macht schon sehr müde. Diesen Sommer habe ich z.B. fast gar nichts gemacht und bin jetzt eigentlich nur kreativer aus der Pause zurück gekommen. 

Wenn man schon eine konkrete Idee hat, sollte man auch erstmal recherchieren, was es in dem Bereich gibt. Wenn es noch nichts gibt, dann die Ideen aufschreiben und enge Freunde um erstes Feedback fragen. Und dann schauen, wo man das Projekt verwirklichen kann, wie z.B. hier im Happylab. In einem Makerspace muss man natürlich auch Arbeit reinstecken und bereit sein, dazu zu lernen. Dafür ist es viel günstiger, wenn man die Prototypen selbst macht, statt jemandem den Auftrag zu geben. Da zahlt man ja für jede Änderung nochmal extra.

Makerspaces sind auf jeden Fall die beste Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen. Man muss einfach die Schulungen besuchen, mit anderen Menschen reden und auch Vernetzungstreffen nutzen. Ich komme auch voll gerne ins Happylab zum Netzwerken, weil ich hier Leute treffe, die ich kenne und mitbekomme, wie es bei ihnen so vorangeht.

Wie schauen deine Pläne für die Zukunft aus?

Sobald die Patentrecherche abgeschlossen ist und ich weiß, ob der Scooter teilweise patentierbar ist, will ich mehr in die Öffentlichkeit gehen. Bis jetzt habe ich mich da sehr zurückgehalten, weil ich mir keine Möglichkeiten verbauen wollte. Eine Fotosession und ein Video wären auf jeden Fall cool. (Anmerkung: Die Fotos aus diesem Artikel zeigen noch einen älteren Prototypen)

Und ich will TMBR Scooter durch Förderprojekte voranbringen. Leider bin ich ja nicht reich (lacht). Und wenn das alles nicht klappt, dann war’s trotzdem ein Learning und kann mir nur weiterhelfen im Leben, auch um weitere Jobs zu finden. Die Mobilitätsbranche finde ich nämlich ziemlich cool. Mein Plan B wäre es, da noch tiefer einzutauchen.

Danke Katrin, für die Einblicke und viel Erfolg weiterhin für deine Projekte!